„Es sind die Fantasten, die die Welt verändern.“
Von CorviNox
Nach zwei Jahren harter Geduldsprobe hieß es am vierten August-Wochenende das ehemalige Kohlebergwerk in Landsweiler-Reden aus seinem Dornröschenschlaf zu wecken.
Es war FaRK!
Lest selbst die Geschichten eines Gruftis aus der Grube inmitten von Zombies, Cosplayern, Steampunkern, Endzeitlern und einer ganzen Menge liebervoller Nerds:
Als ich vor sieben Jahren ins Saarland kam, wusste ich ziemlich genau das, was die meisten Menschen vom Saarland wissen: Nix. War das nicht dieses kleine Bundesland irgendwo unten links auf der Karte? Ich erinnere mich noch genau, wie verstört ich war, als ich meinem ersten Saarländer gegenüber stand. Sein komischer Dialekt quälte sich schmerzhaft durch meine Ohren und, ich verstand fast kein Wort.
Die meisten Städte, die ich bis dahin durchfuhr, waren grau, trostlos und trugen die Narben aus Zeiten von Kohlebergbau und Stahlverhüttung… Und immer wieder wurde ich mit der mir bis heute unbegreiflichen Vorliebe für Maggi, Lyoner und Urpils konfrontiert. Nie würde sich ein Frankfurter Kind wie ich sich HIER wohl fühlen.
Es dauerte allerdings nicht lange, bis mir dieses kleine Ländchen und vor allem seine komischen Leute auf eine unbeschreibliche Art und Weise ans Herz gewachsen waren. Ich lernte vor allem eins: Egal, was Du brauchst, der Saarländer hilft Dir, wo er kann. Und wenn er es nicht kann, dann kennt er jemanden, der es kann. Und hier kennt ja irgendwie jeder jeden.
Mehr als einmal ertappte ich mich bei dem Gedanken, in einer Art Schlumpfhausen gelandet zu sein: Jeder ist irgendwie total schräg und verschroben, aber jeder steht für den anderen ein. Eben eine große kleine Gemeinschaft, in der alles möglich ist, wenn man zusammensteht … und genau dies wurde mir abermals beim FaRK-Festival bewiesen: Und das Beste: Alles für einen guten Zweck.
Mehr als 40 000 Menschen in fantastischen Kostümen kamen drei Tage lang zusammen und feierten gemeinsam jene Vielfalt, die sie irgendwie miteinander verband. Und bildeten ganz nebenbei eine der größten Veranstaltungen des Saarlands.
Und ja, ich gebe zu, ich bin ein einer von ihnen… ein richtiger Nerd.
Ich könnte stundenlang über 80er-Jahre-Comics und Dr. Who auf klingonisch im Zombieoutfit diskutieren. Ich fühle mich wohl zwischen all diesen kreativen Geistern, die diese Welt nicht so hinnehmen wollen, wie sie ist.
So scharrte ich am Freitag, welcher traditionell im Zeichen der Musik steht, schon mit den Füßen, um endlich wieder dort sein zu können, und schaffte es gerade noch rechtzeitig vor die Hauptbühne zum Auftritt von „Dr. Geek and the Freakshow“.
Die Zombiepunker bewiesen einmal mehr, das Punk einfach untot ist und man als Wiedergänger einfach mehr Spaß am Leben… äh, Tod… hat. Mir zumindest machten sie viel Spaß, und gemeinsam freue ich mich bei ihrem Song „Zombiekalypse“ auf Selbige. Zugegeben, das ist kein besonders anspruchsvolles Lied, aber wenn ich mal ein hirnloser Zombie bin, ist das für mich eine bessere Wahl als Helene Fischer.
Der Platz vor der Mainstage bevölkerte sich zum Auftritt von „Letzte Instanz“ weiter. Toll, dass sich die große Bühnen gewöhnte Dresdner für diesen guten Zweck zur Verfügung stellten. Band und Zuhörer genossen diese Zusammenkunft sichtlich. Selbst ein Mikrofonausfall wurde fröhlich von Holly D. genutzt, um mit dem Publikum „In the Jungle“ zu singen, bevor er mit „Von Anfang an“ einsame Seelen unter den Zuhörern zu verkuppeln suchte.
Ein schöner Abend
Der Samstag sollte für mich früh auf der FaRK beginnen. Punkt 10 Uhr erwartete mich Alice in den Geek-Laboren am Ende der Survival Road zum Zombieschminken, schließlich wollte ich stilecht beim Zombiewalk mitlaufen. Gegen eine Spende zauberte die charmante Kindergärtnerin den FaRK-Besuchern Biss- und Schürfwunden auf die Haut, während ihre Helfer einem auf Wunsch die Klamotten mit Bunsenbrenner, Schere und Dreck fachgerecht verwüsteten. Auch mit Kunstblut wurde nicht gespart, schließlich musste man „schrecklich schicklich“ sein, da der Walk unter dem Motto „Wahre Liebe hält ewig“ stand. Die Eltern von Alice wollten sogar ihr Ehegelübde als Zombies erneuern – mit Dr. Geek als Pfarrer und in ihren original Hochzeitsgewändern.
Fertig geschminkt ging es endlich ins Gewühl. Die Sonne lachte, und die Menschen strömten auf das Gelände. Der Eintritt war frei, am Eingang sammelten Helfer freiwillige Spenden ein.
Lichtschwertkampf, Kostümworkshops, Autorenlesungen (unter anderem von Wolgang Hohlbein und Markus Heitz), Vorträge (Lieven L. Litaer, Tommy Krappweis und Dr. Mark Benecke), und Musik (Die Notnägeln, Samarah, Blessed Hellride und The Unknown)
Sehr bedauerlich: Der Forensiker Benecke war so gefragt, dass der Raum wegen Überfüllung geschlossen werden musste und der Vortrag wegen hoher Temparaturen verkürzt werden musste. Schade, aber bei gefühlten 100 Grad wohl eine weise Entscheidung.
Egal… draußen gab es schließlich noch genug zu sehen. Tanzende Twi’leks, Kalibo der Zauberer, Meerjungfrauen, das Endzeitlager (welches perfekt in die Kulisse passte), die Steampunkhalle mit tollen Ständen, viele Getränke (und vielen Sitzmöglichkeiten!), liebevoll gestaltete Kulissenbauten wie ein Stargate, das Schloss Greyskull, eine Tardis, das Batmobil oder einfach viele kleine Dinge wie die nerdigste Wasserversorgung ever! (Siehe Fotos!) Und vor allem: Viele, viele Kostüme.
Am Sonntag wollte ich später starten und machte mich erst gegen Nachmittag auf. Eine Entscheidung, die ich schnell bereute. Es schien als ob es im gesamten Ort keinen Parkplatz mehr gäbe. Glücklicherweise bin ich mittlerweile schon so lange selbst Saarländer, dass ich mir bereits die Volksfertigkeit „Jemanden kennen“ zu eigen gemacht habe. Mit jenen Auswärtigen, die suchend durch die Straßen irrten, hatte ich wirklich Mitleid. Darum empfehle ich: Kommt zur nächsten FaRK mit dem Zug. Der Bahnhof ist in bequemer Laufreichweite.
So jedenfalls trudelte ich gerade noch pünktlich zu Tommy Krappweis ein, um „Ein echter wahrer Held“ lauschen zu können, amüsierte mich zum wahrscheinlich hundertsten Mal köstlich über Kalibos Zaubershow, bevor es nach der Cosplay-Parade langsam Zeit für das Finale der FaRK wurde. Die Bekanntgabe der Spendensumme.
Bevor es allerdings dazu kommen sollte, gab es noch einen rührenden Moment. Unter Vortäuschung eines mentalen Zaubertricks wurde eine Cosplayerin im Thor-Kostüm auf die Bühne gelockt, um vom Haus- und Hofsänger der FaRK, Christian Bungert, die Hand angehalten zu bekommen. Natürlich hat sie vor dem jubelnden Publikum „JA“ geschluchzt.
Nachdem die Asgarette unter der Haube war, betrat FaRK-Initiator Benjamin Kiehn die Bühne. „Hört niemals auf, an Eure Träume zu glauben. Denn es sind die Fantasten, die die Welt verändern, und mit vereinten Kräften kann man unendlich viel erreichen“, sagte Kiehn.
Ausgerechnet jetzt musste ich wieder an die Schlümpfe vom Anfang denken.
Wenn ich jetzt in Schlumpfhausen wäre… Kalibo wäre wohl Jokey-Schlumpf, die mmer noch schluchzende Thor-Schönheit wäre Schlumpfine in den Armen ihres Harmony… und Benni… er wäre zweifelsohne Papa Schlumpf. Er führte seine Truppe durch harte Monate der Organisation und entbehrungsreiche Tage vor und während der FaRK, für die es nichts als Belohnung gab als dieser Moment. Die Zählung war beendet, und fünf Helfer betraten mit je einem Zettel die Bühne. Nach und nach drehten sie die Papiere von der letzten Ziffer vor bis zur ersten um. Stille legte sich über die Menschenmenge. Konnten die 38 615 Euro vom letzten Mal übertroffen werden? Ja. Als das erste Blatt eine 5 zeigte, eskalierte die Menge vor Freude. 54 816 Euro war zu lesen. Benni fiel auf die Knie und vergoss Tränen der Erleichterung. Sollte irgendjemand bis dahin noch keine verlaufene Schminke um die Augen gehabt haben, so war diese spätestens jetzt dahin. Menschen lagen sich in den Armen und besangen zu Queens „We are the Champions“ diesen Moment. Doch damit nicht genug. Gerade als Papa Benni sein Mikrofon und seine Fassung suchte, kam noch eine weitere spontane Spende eines Unbekannten, der auf 55 000 EUR aufrundete.
Ja ich bin ein Grufti… und manchmal sehr sentimental. Aber selten so sehr wie in diesem Moment. Gut, dass man unter meiner Maske die Tränchen nicht sehen konnte.
Das war sie nun also, die FaRK - und zwei weitere Jahre wird man auf eine Fortsetzung warten müssen. Aber sie wird kommen. Ich freue mich auf 2019.
Während die Planungen für die FaRK 2019 schon im vollen Gange sind, und auch schon ein neuer Termin feststeht (23. August bis 25. August 2019), wird die Frage nach einem neuen Standort immer lauter.
Obwohl die atmosphärische Location bei den Besuchern großen Anklang findet, stößt sie in Sachen Geländegröße und Parkplatzsituation an ihre Grenzen.
Außerdem ließ die Orga durchblicken, dass man sich künftig mehr Rückhalt und Hilfe von der Gemeinde Neunkirchen wünscht. „Die Zeiten, in der unsere kleine Veranstaltung belächelt und wie die hässliche kleine Schwester behandelt wurde, sind vorbei. Jetzt sind wir die Braut, mit der jeder tanzen möchte." so Benjamin Kiehn. Gerüchten zufolge hat die Landeshauptstadt Saarbrücken bereits um die Hand der FaRK angehalten.
Doch FaRK-Kommander Kiehn würde gerne in Landsweiler-Reden bleiben, und so gibt es bereits erste Sondierungsgespräche über einen künftigen Einsatz von Sonderbussen und zusätzliche Flächen, damit das Event dem Standort erhalten bleiben kann. Klar ist: Die Veranstaltung hat das Potenzial, zu einem Big-Player in Deutschland zu werden.
Es bleibt spannend.