Atomic Neon live im Clochard in Hamburg - eine Kurzkritik

Atomic Neon live am 10. September 2016 in Hamburg
Atomic Neon live am 10. September 2016 in Hamburg

Vorher:

Der Laden winzig und abgeranzt (Location-Check Clochard), das Warten auf den Auftritt ewig (vorher noch zwei andere Bands), und das alles bei gefühlt 45 Grad Celsius. Kann das gut gehen? Die Stimmung vor Atomic Neon, die wir zum ersten Mal live sehen sollten, war jedenfalls gespannt.

 

Start:

Sehr viele Stunden, ein paar Bier, einen ausgiebigen Spaziergang auf der Reeperbahn und eine Portion Pommes später ging's endlich los. Um zwanzig vor zwei (!) hatten sich die sechs Essener endlich auf den etwa vier Quadratmetern der Bühne aufgereiht (ok, Sänger Rio saß, sogar mit dem Rücken zum Publikum).

Die letzten Töne der uns unbekannten, aber gut klingenden Vorband Sedated Tears waren kurz vorher verklungen. Der Sänger erinnerte übrigens stimmlich an Ian Curtis von Joy Division und optisch an den Frontmann von Paradise Lost. Es gibt wahrlich Schlimmeres...

Aber jetzt sollten endlich Atomic Neon ihren Auftritt starten, dafür waren wir schließlich nach Hamburg gereist. Na gut, dann wollen wir mal!

 

Die Setlist von Atomic Neon vom Konzert des 10. September 2016
Die Setlist von Atomic Neon vom Konzert des 10. September 2016

Setlist:

Kennt Ihr das? Ihr freut Euch auf ein Konzert, hört tagelang die Lieblingsplatte rauf und runter, macht Eure persönliche "Hoffentlich spielen sie das!"-Liste. Dann zuckelt Ihr mit Euren Freunden los zum Konzert, und die Liste wird noch einmal gemeinsam erweitert. Tja. Und dann wird alles anders.

Von unserer Liste für den Atomic-Neon-Gig, die sich komplett aus Songs der SpezialPlatte "The Bodanegra Session" speiste, haben sie kein einziges Lied gespielt. Nicht den Hit "Walking Dead", nicht "Fall", auch nicht "He looks like a Vampire". Wie doof.

Und wie egal! Denn das, was sie gespielt haben, nämlich elf Songs der anderen drei Longplayer plus vier ganz neue Lieder, war trotzdem mehr als überzeugend. Kraftvoll-melancholischer Wave der alten Schule, aber ohne den ätzend-mumpfigen Sound von früher, was braucht es mehr?

 

Stimme, Band und Sound:

Die Stimme von Rio, der viel saß und sich am Ende sich aber auch singend sogar unters Volk mischte, war herausragend. Ein bisschen Robert Smith, aber ohne Gejaule, und mit ganz viel Wave-Leid und -Leidenschaft vorgetragen. Beeindruckend.

Ebenso überzeugte die Band, die trotz kniffliger Bedingungen keinen einzigen hörbaren Patzer produzierte, sondern vollen, wuchtig-melodischen Sound, teils etwas zurückgenommen, um der Stimme Raum zu geben. Großartig.

 

Toll anzusehen:

Atomic Neon sind eine bunt (naja, ok, bunt ist total falsch) gewürfelte Truppe aus sehr unterschiedlichen Individuen, die sich aber sichtbar gut verstehen. Und es sind zwei Frauen dabei. Das gefällt uns!

 

Beste Songs:

Besonders gut gefallen haben der neue Song "Keine Lügen" und der Opener "Empty". Auch "I want to believe" und der ausgiebige Abschlusssong "Krank" waren super. Beim nächsten Mal sieht unsere Liste sicher anders aus.

 

Publikum:

Es war teils seltsames Publikum anwesend, ein paar Gruftis, und viele szenefremde Nachtschwärmer. Der Grund: Die Reeperbahn-Kneipe hat rund um die Uhr auf und wirbt mit billigem Bier. Nun ja. Aber auch einige späte Zufallsgäste blieben und tanzten mit. Und die übliche örtliche Punk-Gang sowieso.

 

Fazit:

Es war spät, es war heiß, es gab keinen der Wunschsongs - und es war ein tolles Konzert. Sauber.