Von Batty Blue
Die Bühnenabstinenzankündigungskonzertreise der Berliner Steampunk-Metaller Coppelius hat am vergangenen Donnerstag (29. Dezember 2016) ihren Abschluss mit einem grandiosen Konzert im Columbia-Theater gefunden.
Aufgrund der großen Nachfrage in der Heimatstadt der Band wurde das Konzert kurzerhand vom Lido in das Columbia-Theater verlegt. Pünktlich zum Einlass (19 Uhr) hatte sich schon eine lange Schlange vor der Konzerthalle gebildet. Schön gesittet - wie sich das für anständige Gothen und Steampunks gehört - stellte sich das Publikum in Zweierreihen auf und wartete brav ab.
Die Geduld wurde belohnt: Der Einlass ging erstaunlicher Weise schnell, und wer noch keine Karte besaß, hatte sogar Glück: An der Abendkasse gab es noch ein Restkontingent. Super, denn dies sollte nun wirklich das vorerst allerallerallerletzte Konzert der Truppe sein, die nach eigenen Angaben seit nunmehr 213 Jahren die Bühnen der Welt unsicher gemacht hat. Na, dann mal los!
Das Columbia-Theater und sein Garderoben-Problem
Doch ach, es dauerte noch. Schließlich ist Winter und es ist dementsprechend kalt, natürlich haben da alle Mäntel, Schals, Mützen etc. an. Leider ist aber die Garderobe im Columbia-Theater sehr ungünstig gelegen, im Untergeschoss, das nur über eine schmale Treppenflucht erreichbar ist. Auch die Abfertigung dort ist zeitaufwendig. Vermutlich wird sich dieses Problem auch nicht durch bauliche Maßnahmen beheben lassen: Das Gebäude ist denkmalgeschützt, somit müssen strenge Auflagen bei Umbauten beachtet werden. Das heißt: Die Gäste sollten in dieser Location immer mindestens 30 Minuten Wartezeit einplanen.
Die Lesung? Musste leider ausfallen
Auch das noch: Szene-Liebling und Gothic-Poet Christian von Aster konnte leider an diesen Abend das Auditorium nicht mit einer Lesung erfreuen, da er krankheitsbedingt ausfiel. (An dieser Stelle „Gute Besserung“! Wir sehen uns dann hoffentlich auf dem M'era...)
Die Herren Coppelius betreten die Bühne
Gut 90 Minuten nach dem Einlass ging es dann endlich los. Es ist immer wieder erstaunlich, wie die sechs Herren in ihren feinen Maßanzügen und scheinbar endlos hohen Zylindern es schaffen, innerhalb kürzester Zeit ein totales Chaos auf der Bühne zu veranstalten. Ein Wunder, dass sie ihre Instrumente - in der Regel zwei Klarinetten, ein Cello, ein Kontrabass sowie ein Schlagzeug - nicht jedesmal zerlegen, wenn sie bei einem ihrer "Kammercore"-Auftritte so richtig loslegen. Aber genau für diese Leidenschaft lieben die Fans ihre fünf Edel-Metal-Heads samt singendem Diener Bastille ja auch ebenso leidenschaftlich.
Kammercore? Was zum Himmel..?
Wer sie nicht kennt: Coppelius gilt als eine der besten Livebands der schwarzen Szene, und so zeigten sie auch dieses Mal in Berlin ihr ganzes Können. Wer mit dem Begriff "Kammercore" nichts anfangen kann: Schlicht gesagt ist das Heavy Metal, allerdings nicht mit Gitarren erzeugt, sondern mithilfe von klassischen Instrumenten. Das geht so: Da, wo normalerweise ein Gitarrensolo anzutreffen wäre, legen bei Coppelius die Klarinettisten los.
Wer Iron Maiden mag, ist bei diesen Herren richtig. Wer Apocalyptica cool findet, aber richtig guten, auch mehrstimmigen Gesang dazu immer vermisst hat, auch.
Das alles bieten die sechs Coppelianer, flott garniert mit reichlich Absinth, einer guten Prise Jules Verne, einem Schuss E.T.A. Hoffmann und ziemlich viel Steam, sprich: Dampf. Das klingt gut und sieht auch schick aus, weswegen die wilde Mischung auch vielen Nicht-Metal-Freunden meist viel Spaß macht.
Coppelius hilft!
Unterm Strich war die Coppelius-Abschiedsshow ein sehr schönes und abwechslungsreiches Konzert und außerdem mit gut drei Stunden ziemlich lang. Musikalisch und stimmlich in Bestform, hat sich die Band bei ihren Fans für die jahrelange Treue bedankt, getreu nach dem Band-Motto: Coppelius hilft!
Umgekehrt hat das komplette Auditorium während des gesamten Konzertes mitgesungen, mitgeklatscht und mitgefiebert. Einfach eine Freude.
Immer wieder toll: Höflichkeit und Rücksicht
Schön, dass trotz der ausgelassenen Stimmung das Publikum gleichzeitig so rücksichtsvoll untereinander ist. Kein Schubsen, kein Drängen. Auch das ist typisch für ein Coppelius-Konzert.
Allerdings: Sooo verwunderlich ist dieses Verhalten dann doch nicht, schließlich haben viele der anwesenden Steampunker viele Stunden Handarbeit und Liebe zum Detail in ihre Outfits investiert. Ein Extra-Lob für die tollen Klamotten.
Top-Lieder des Abends
Die Song-Highlights des Abends waren „Ein Experiment“, „Die Glocke“, „Moor“ und „Gumbagubanga“.
Fazit und Dank
Liebe Herren von Coppelius,
vielen Dank für die vielen tollen, lustigen und aufregenden Konzerte auf Festivals und Touren! Danke auch für die vielen schönen Stunden mit Eurer Musik auf Tonträgern daheim und unterwegs! Seid gewiss: Eure Fans werden Euch vermissen! Da capo!