Von Gothamella
Eigentlich wollten die Gruftboten an diesem Freitag mal ganz privat losziehen zum Project-Pitchfork-Konzert im Waschhaus in Potsdam, ohne Profi-Kamera und ohne Pläne, später darüber zu berichten. Schließlich hatten wir doch erst im Dezember ausführlich über die beiden Pitchfork-Gigs in Hannover und Hamburg geschrieben und dabei die Hamburger Combo um Chef Peter Spilles angemessen mit Grufti-Lobhudelei überschüttet. Doch dann kam alles anders...
Wunder geschehen
Denn das Unmögliche ist geschehen! Einmal mehr haben Project Pitchfork den Saal gerockt - was wir erwartet hatten. Doch bei ihrem fulminanten Auftritt in Potsdam am vergangenen Freitag, 24. März 2017, hatten die Pitchies zwei Vorbands dabei, die richtig klasse waren! Das hat es noch nie gegeben. Zusammen mit We Are Temporary aus New York und Beyond Obsession (teils) aus Potsdam wurde der Gig im Rahmen der Pitchfork'schen Jubiläumstour zum 25. Bandgeburtstag völlig überraschend zum lohnenden Mini-Festival. Weswegen wir Euch nun doch erzählen, wie es war.
Ich bin wir?
Allein die Begrüßung von Mark Roberts, tiefschwarz gewandetes und neonbunt gekröntes Mastermind von We Are Temporary, ließ aufhorchen: "Guten Abend! Ich bin We Are Temporary aus Brooklyn, New York!", tönte es hinter der pinkfarbenen Gesichtsmaske mit den bunten Kreuzen oben dran.
Was dann folgte, war eine 30-Minuten-Synthie-One-Man-Show mit pinkfarbenem Keyboard, beeindruckender Varianz in der teils verfremdeten Stimme und tieftraurigen, zugleich versöhnlichen Texten. Wir haben von einer schlimmen Panikattacke erfahren, von der Angst vor einem vielleicht tödlichen "Herzunfall" und davon, dass die Liebe klein ist und zum Überleben manchmal Stille braucht.
Wild-gute Mischung
Seine Text-Geschichten kleidet der in Deutschland geborene und in New York lebende Sänger in tanzbare Elektro-Rhythmen, die sich deutlich in Richtung Pop, ab und an aber auch ins Industrielle neigen. Wer genau hinhört, könnte vielleicht Anklänge von Weltmusik entdecken. Eine wirklich neue und mit Verve vorgetragene Mischung. Was die Gruftboten dazu angespornt hat, die nigelnagelneue CD von We Are Temporary namens "Crossing Over" zu kaufen. Von diesem Künstler würden die Gruftboten gern noch mehr hören.
Und wer es schafft, noch zu einem der noch anstehenden Pitchfork-Frühlingskonzerte (Beeilung: Glauchau heute Abend ist schon ausverkauft...) zu gehen: Unbedingt früh genug da sein, um die Vorband nicht zu verpassen.
Sahnehäubchen Nummer zwei
Beim Potsdamer Konzertabend folgte mit der zweiten Vorband Beyond Obsession gleich das nächste Sahnehäubchen. Das Trio bietet glasklaren Synthie-Pop zum Schwelgen und Tanzen, Sänger Nils Upahl überzeugt mit Stimmgewalt, die Melodien sind kleine Seelenschmeichler, und getanzt wurde im Waschhaus bis in die hinteren Reihen - auch nicht selbstverständlich bei einer Vorgruppe.
Diese Jungs haben sich in den letzten zwei Jahren, in denen sie die Gruftboten bereits zweimal live gesehen haben, wirklich gemacht. Wir sind sicher: Die könnten noch ganz groß werden. Auch die neue Platte von Beyond Obsession, "Moments Of Truth", steht schon im Gruftboten-Regal.
Alle lieben Peter
Ach, und dann natürlich die Gastgeber und Altmeister selbst, Project Pitchfork. Die können es einfach, und es sieht nicht so aus, als würde die Spielfreude von Peter Spilles und seinen Mannen nachlassen.
Bester Song: Immer wieder "Beholder". Aber auch "Existence" in der Long-Version, das den beiden Live-Drummern einen schönen Extra-Auftritt gegönnt hat, war prima.
Tollste Überraschung: "Timekiller" nicht als Opener oder zweites Lied, sondern mittendrin. Yeah. Wir haben also noch Hoffnung, diesen Song irgendwann mal als Long-Version am Schluss zu hören. Da gab's dieses Mal wieder "Blood-Thirst". Auch ein schöner Abschluss.
Die Location
Die Waschküche ... Pardon, das Waschhaus in Potsdam ist ein schön sanierter Industrie-Klinkerbau inmitten eines ganzen Kultur-Areals im Zentrum von Potsdam, gut zu erreichen mit der Tram (Haltestelle Schiffbauergasse/Uferweg).
So schön der kantige Bau aussieht: Bei Konzerten wandelt sich die Halle, die etwa 700 Leute fasst und die am Freitag fast ausverkauft war, in eine Sauna. Fehl am Platz sind daher lange Walle-Gewänder oder Korsetts, besser zu luftigen Shirts oder Tops plus Rock, Shorts oder schwarze Hosen greifen.
Die Toiletten ...
... in der oberen Etage sind sauber und ausreichend, es gibt Seife, Spiegel und Licht, zu späterer Stunde wird das Papier knapp.
Das Bier ...
... vom Fass kostet 3,50 Euro, dazu kommt ein Euro Becherpfand.
Die Garderobe ...
... ist ebenfalls im Obergeschoss und kostet pro Mantel oder Tasche einen Euro. Alles im normalen Rahmen also.