Von Gothamella
Wenn Deine Lakaien, die Großmeister der Elektro-Avantgarde, ihren 30. Geburtstag feiern, dann mit Stil. Und so fand sich das Schwarzvolk am Karsamstag zumindest in Teilen angemessen aufgerüscht in der altehrwürdigen Laeiszhalle in Hamburg ein. Im gut 100 Jahre alten neobarocken Konzerthaus, das als eines der schönsten in Europa gilt, luden Komponist und Multiinstrumentalist Ernst Horn und Ausnahme-Sänger Alexander Veljanov zur Hamburger Ausgabe ihrer aktuellen "XXX - The 30 Years Retrospektive"-Tour 2017. Wie es war, lest Ihr hier im Gruftboten-Nachbericht. Und wir versuchen auch dieses Mal das Unmögliche: den besten Song des Abends zu küren.
Die Location
Wie gesagt, viel schöner geht kaum: roter Samt auf weichen Klappsesseln, üppig verzierte Emporen und eine große Bühne, die wie gemacht ist für kapriziöse Operndiven und allerfeinste Orchesterklänge - all das ergibt zusammen eine geradezu royale Atmosphäre. Perfekt also für einen stilechten, tiefschwarzen Liederabend.
Die Getränke müssen bitte draußen bleiben... In Ordnung. Nach dem dritten Klingeln noch mal tief durchatmen, aufrecht hinsetzen (sonst kann man von oben auch gar nicht genug sehen) - und das Quatschen einstellen. Vorhang auf für Deine Lakaien! Pünktlich um 19 Uhr ging's los.
Die Setlist
Etwas mehr als drei Stunden Musik bekamen die Fans geboten, knapp 30 Songs, von Lakaien-Klassikern wie den ersten Clubhit "Dark Star" (1991) über das leicht sperrige "Fighting The Green" von 1996 bis hin zu zartbitteren, mittelalten Stücken wie "Where You Are" (2002) oder dem tieftraurigen, noch recht frischen "Where The Winds Don't Blow" von 2014. Dazu je eine gute Handvoll Werke der Neben- beziehungsweise Soloprojekte Helium Vola und Veljanov. Eine großartige Mischung, souverän vorgetragen von den beiden Stars des Abends und mit Unterstützung ihrer famosen Live-Band. Top!
Und der beste Lakaien-Song?
Tjaaaa, drei Guftboten plus ihre allerliebste Showpraktikantin und Freundin aus Hamburg - macht locker acht Meinungen. Nach ausführlicher After-Show-Debatte beim Gang durchs stürmische, nasskalte Hamburg gen Partylocation (die Blackout-Party im Monkeys Music Club) konnten wir uns immerhin zu vier persönlichen besten Songs durchringen:
Batty Blue: Fighting The Green ("einfach umwerfend")
Dunkelklaus: Love Me To The End ("unerreichter Klassiker")
Allerliebste Showpraktikantin: Over And Done ("ganz klar das Beste")
Gothamella: Mindmachine ("so herrlich spooky")
Und der beste Song von Helium Vola?
Selig (sagt Dunkelklaus), Omnis Mundi Creatura (sagt Gothamella). Der Rest ist unentschieden.
Und der beste Song von Veljanov solo?
Seraphim? Nein! The Man With The Silver Gun! Sagt Gothamella. Und erntet umgehend Widerspruch von Dunkelklaus, der das im ersten Teil arg dominante Schlagzeug kritisierte, was ihm The Man With The Silver Gun etwas vermiest habe. Da hat er nicht unrecht... Nach der Pause war der Sound aber makellos. Also doch Seraphim.
Bestes Detail
... lieferte Veljanov höchstselbst, als er sich lässig-entspannt mit überkreuzten Beinen an Ernst Horns Flügel lehnte und quasi nebenbei das magische "Return" ins Mikro und damit direkt in die Herzen des Publikums zauberte. Diese Stimme! Hach...
Bester Gänsehaut-Moment
Die letzte Zugabe "Love Me To The End" - dieses Mal hinreißend dargeboten als Duett von Veljanov und Sabine Lutzenberger, Stimmwunder von Helium Vola. Am Ende riss es das Publikum wortwörtlich von den Sitzen. Und die Standing Ovations waren wirklich verdient, genau wie der euphorische Applaus nach jedem einzelnen Song. Bravo! Bitte noch mehr davon!
Lustigste Verwirrung
... als der ewige Lakaien-Tonmeister Ernesto nach kurzweiliger Showeinlage, die wie eine Panne daherkam, grinsend für "Overpaid" zur Bassgitarre griff.
Meistvermisstes Lied
Wunderbar. Und The Game. Aber vor allem Wunderbar.
Schönste Momente
Alleskönner Horn dabei zu beobachten, wie er allzu harmonische Klänge kurzerhand musikalisch gegen den Strich bürstete und dabei lächelte wie bei einem Lausbubenstreich. Und natürlich der singende, schreitende Veljanov, schön wie eh und je und enorm entspannt. Die beiden wissen, was sie können, und haben immer noch Freude daran. Wir auch.
Beste Liebeserklärung an die Lakaien
... kam von unserer Hamburger Freundin, die die Band in Hamburg überhaupt zum ersten Mal live erlebt hat und "ab sofort nie nie nie wieder ein Konzert der Lakaien verpassen" möchte!
Die Gruftboten schließen sich da gern an. Und sagen noch mal Dankeschön und "Bravo!" für 30 großartige Jahre voller faszinierender musikalischer Kleinode. Dark Stars am Wunder-Himmel. Wirklich wunderbar, weiter so.