Von Dunkelklaus
Wäre unsere Besprechung des Bruits De La Cave ein 1980er-Jahre–Mystery-Hörspiel mit Kinder-Detektiven, hieße dieser Text vielleicht auch „Die drei Gruftboten und der Fluch der Keller-Frau“. Denn der hat uns wegen vorzeitigen Verlassens des Festivals nach fünf von sechs Bands und vor der After-Show-Party ereilt. Eine Mitorganisatorin fand den gruftbotigen Spontanabschied gar nicht gut, auch wenn wir zahlreiche Gründe (langer Tag, wenig Schlaf, viel Alkohol…) anführten. Kurzum: Sie belegte uns mit einem Fluch, der auch wirkte: Ein Gruftbote bekam Rücken, einer Erkältung und der dritte einen derart vollen Kalender, dass es mit dem Schreiben wochenlang nichts wurde.
Mysteriös! Ein Wort, welches auch gut zum Festival in Hannovers Kellerclub Bei Chéz Heinz passt. Das war auch in der zweiten Auflage ein spezial gelagerter Sonderfall, was aber auch absolut Absicht des Ideengebers Hollow Skies ist. Der liebt die musikalische Entdeckungsreise, das Ungewöhnliche, Unerwartete. Ein Clubabend mit Hollow Skies an den Reglern ist demnach die Antithese zur Depeche-Mode-Party, das Bruits De La Cave der Gegenpol zum M´era Luna. Dass man sich das Fragezeichen erwählt hat, ist nicht grundlos. Hörspielfans wissen ja längst, dass es für das Unbekannte, unbeantwortete Fragen und ungelöste Rätsel steht.
Etwa 250 Gäste hatten im Laufe des 16. Juni Lust auf diese Reise in unbekannte Welten, deutlich mehr als bei der Premiere 2017, mit allen Helfern zusammen waren laut Veranstalter fast 300 Menschen auf dem Gelände. Während draußen die Besucher bei vegetarischen Burgern die Abendsonne genossen, machte drinnen The Bernie & The Jörgi den Auftakt. Der Gute-Laune-Elektropop-Punk des Duos in „Aldi-„ und „Abba“-T-Shirt passt zwar eigentlich nicht so recht zu dem versammelten Düstervolk. Doch mit „Die junge Leute“, „Keine Party“ und „Mein nächster Hund heißt Slayer“ hatten die beiden das Publikum schnell auf ihrer Seite. Und „Warum singen alle wie Robert Smith?“ könnte glatt wie „Einheitsschritt“ zum Gruftieschlager avancieren, wenn die Musiker etwas weniger bunt wären.
Wisborg hingegen sehen aus, wie man sich eine aufstrebende Gothicband vorstellt. Zwei (schöne) junge Männer mit langen schwarzen Mähnen. Mit ihrem gerade erschienen Erstling „The Tragedy Of Seconds Gone“ sind die beiden Hannoveraner direkt in die Charts eingestiegen, und insbesondere die beiden Single-Auskopplungen „Become Caligari“ und „The Sick Rose“ zeigen mit ihrem Hitpotenzial, dass das Duo mit seinem treibenden Gothrock noch eine strahlend-dunkle Zukunft vor sich haben kann.
Auch beim nächsten Wechsel machte sich das Bruits De La Cave den alten Monty-Python-Spruch „And Now for Something Completely Different“ zu eigen. Der für den erkrankten Adam Usi eingesprungene Nachtportier frickelte in einem seiner raren Gigs an den Synthesizern Elektro-Soundteppiche zusammen.
Während dem Nachtportier ein kleiner Teil der Bühne reichte, brauchten die fünf Franzosen von Nova et Vetera den gesamten zur Verfügung stehenden Platz. Immerhin hatten sie neben Drums, Gitarren, Bass und Schlagzeug auch noch Trommeln, Gong und Kesselpauke dabei. Damit fabrizierten sie einen komplexen, treibenden Sound. Zwar versprechen Liedtitel wie „Emptiness“, „Leave me Alone“, „Stay That Prick“ oder „I don`t Exist“ zu recht keine Mitgröhlhymnen. Doch die Spielfreude der Band sprang schnell aufs Publikum über, welches verzückt zur französischen Frustmucke abtanzte.
Eine echte Entdeckung, ebenso wie Sieben. Sieben ist eigentlich nur einer, nämlich Matt Howden. Der hat im Grunde genommen nur seine Stimme, eine Violine und einen Looprecorder dabei. Doch was er live aus dem Instrument rausholt, ist schier beeindruckend.
Nach Howden machten KatzKab, eine Nachfolgeformation der aufgelösten „Katzenjammer Kabarett“, das halbe Dutzend voll. Wegen der gruftbotigen Formschwäche ersparten wir uns deren Gig, bei dem Teilnehmern zufolge ordentlich gepogt wurde. Stattdessen holten wir uns den Fluch der Kellerfrau ab. So bleiben für uns fünf von sechs Musikrätseln gelöst.
Das Fazit: Die musikalische Recherche hat sich für die drei Gruftboten trotz des Fluchs ausgezahlt. Wir freuen uns auf eine dritte Folge im kommenden Jahr.
Bruits De La Cave-Festival 2018 - Die Bildergalerie
Fotos von Dunkelklaus