Von Gothamella
Als Szeneliebling, Ausnahme-Sänger und Multiinstrumentalist Sven Friedrich (Dreadful Shadows, Zeraphine) 2008 mit „Broken Grid“ den ersten Longplayer seines Elektro-Projekts Solar Fake vorlegte, ahnte wohl außer ihm niemand, wie erfolgreich das vermeintliche Nebenprojekt wirklich werden würde. Heute, elf Jahre, vier weitere Studioalben sowie ein Live-Album später, kann sich der Berliner über ausverkaufte Hallen bei seiner Frühjahrstour freuen. So war auch das Musikzentrum in Hannover am Freitagabend (8. März 2019) pickepackevoll mit glühenden Solar Fake-Fans. Sie sollten nicht enttäuscht werden.
Dass sich die weiblichen Konzertgäste, die an diesem Abend im Musikzentrum eindeutig in der Überzahl waren, dieses Präsent speziell zum Frauentag gönnten, ist natürlich reine Spekulation. Interessant allerdings war bei diesem Konzert nicht nur die mit sicherer Hand ausgewählte Setlist mit Songs des live deutlich kraftvoller als auf CD daherkommenden neuesten Longplayers „You win. Who cares?“ und älteren Hits wie „The Pages“, „More than this“ oder „I hate you more than my live“, sondern auch ein Besuch auf dem Damenklo. Denn kaum eine der dort in der Schlange Wartenden hielt dies lange aus, ohne mal eben kurz die Tür zum Konzertraum zu öffnen, um zu schauen, ob „der schöne Sven“ oder auch „Frontschnuckel Sven“ denn immer noch auf der Bühne steht und singt. Ja, das tat er, mehr als eineinhalb Stunden sogar, bestens aufgelegt und mitreißend, kraftvoll unterstützt von Keyboarder André Feller und Live-Drummer Jens „Jeans“ Halbauer.
Während André gewohnt viel Stimmung verbreitete und im Eifer gleich das ganze Keyboard umschmiss, erwies sich vor allem Jeans an den Trommeln als sehr gute Wahl: Dank der Drums bekam der typische Solar Fake-Sound live eine große Portion mehr Schwung und Dynamik. Im Gegensatz zu älteren Auftritten noch ohne Live-Drummer eine wirklich gelungene Entwicklung. Der Lohn: vielstimmiger Jubel, dazu ein bisschen Weibergekreisch und reichlich Applaus vom glücklich tanzenden Publikum. Runde Sache, gerne wieder.
Bester Song: „The Pages“ (Gothamella), „Where are you“ (Dunkelklaus) und „All the things you say“ (Batty Blue)
Am Merch-Stand zugeschlagen haben die Gruftboten selbstverständlich auch, im Beutel landeten die aktuelle Single „Get it on“, das Debütalbum „Isola“ plus ein T-Shirt von Seadrake, die den Abend in Hannover mit einer gelungenen Mischung aus feinem Synthie-Pop und rockigen Elementen eröffneten. Neun tanzbare, mit Verve vorgetragene Songs bot das Trio, bestehend aus dem charismatischen Sänger und Gitarristen Hilton Theissen (geboren in Südafrika), dem Sounddesigner Mathias Thürk (Deutschland) und dem Bassisten Rickard Gunnarsson (Schweden). Welch eine schöne Entdeckung, auch hierfür gibt es einen Daumen hoch!
Besonders erwähnenswert waren auch der Sound an diesem Abend, der an jedem Platz im Raum tipptopp ausfiel, sowie die tolle Lichtanlage beim Solar Fake-Gig mit drei großformatigen, quadratischen LED-Wänden, die Atmosphäre schufen, ohne aufdringlich zu werden.
Wunderbar, wenn auch etwas kurz, fiel auch die Aftershowparty aus, die DJ Lo-Renz wie gewohnt versiert schmiss. Danke dafür, wir haben gerne und viel getanzt! Wie schön auch, dass der Umbau nach dem Konzert und vor der Party dieses Mal flott und nicht allzu nervig für die Partygäste ausfiel.
Das Gruftboten-Fazit: Top Bands, top Stimmung, top Abend! Wer nächste Woche zum E-tropolis nach Oberhausen fährt, kann sich übrigens freuen: Solar Fake sind auch da. Und wer beim WGT in Leipzig oder beim Amphi in Köln ist, auch: Da spielen Seadrake. Wärmstens zu empfehlen.
Solar Fake und Seadrake in Hannover am 8. März 2019
Fotos von Dunkelklaus