Schwarze Szene in Corona-Zeiten

Von Darkiness

Black Summer Lounge Part 2, Hannover,  8. August 2020 / Foto: Darkiness
Black Summer Lounge Part 2, Hannover, 8. August 2020 / Foto: Darkiness

Eins ist klar: So, wie es mal war, wird es lange nicht mehr sein!

 

Mit dem Lockdown am „schwarzen“ Freitag, dem 13. März 2020, fiel ein finanziell fataler Vorhang für die Clubs. Die Veranstaltung aller Konzerte, Partys und Festivals wurde untersagt. Die Liebhaber der Schwarzen Szene wurden plötzlich auf eine Art Zwangsdiät gesetzt, die mittlerweile fast acht Monate anhält.

 

Veranstalter, Clubbetreiber und Künstler versuchen seither, mit Livestreams der Dunkelpartys und Konzerten den Hunger der Gäste nach gemeinsamen Feiern zu stillen und natürlich das finanziell immer größer werdende Loch zu stopfen. Immer wieder schöpfen sie neue Kraft, um den harten Kampf ums finanzielle Überleben durchzustehen und in der neuen Normalität weiterhin zu bestehen.

 

Nach den ersten Lockerungen der Corona-Maßnahmen Anfang Juli nutzten die Clubs und Konzertveranstalter den neuen Rahmen, um mit den geltenden starken Einschränkungen einige Partys bzw. Konzerte mit Publikum zu ermöglichen.

 

Die Gruftboten waren bei mehreren Partys dabei und geben Euch einige Eindrücke:

Klangwelt Party, Exil – Göttingen, 4. Juli 2020

Klangwelt Party im Exil, Gottingen, 4. Juli 2020 / Foto: Darkiness
Klangwelt Party im Exil, Gottingen, 4. Juli 2020 / Foto: Darkiness

Angekündigt als Livestream, sollte am 4. Juli die Party nur im Internet zu sehen sein. Wie an den anderen Samstagen auch, konnte man aber direkt im Club Exil vorbeischauen, um die Getränke-Restbestände zu reduzieren. Am Eingang wurden zunächst die Adressdaten aufgenommen. Sowohl draußen an Tischen als auch drinnen in der Lounge konnte man direkt vor Ort  an Kleingruppentischen dem Livestream folgen. Die Überraschung war groß, als die Tanzfläche entdeckt wurde. Der Hauptraum war eigentlich für das Publikum gesperrt, die Tanzfläche jedoch unter strengen Auflagen geöffnet. Sie war in zwei Bereiche unterteilt, so durften sich nur zwei Personen gleichzeitig auf der Tanzfläche aufhalten. Die Freude war unendlich groß, sich nach so langer Zeit endlich wieder tanzend der Musik hingeben zu dürfen. 

 

Musikalisch wurde man hier mit einem guten Mix aus allem Guten aus der Schwarzen Playlist verwöhnt.

 

Die vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen wurden sehr gut umgesetzt. Sämtliche Fenster waren geöffnet und auch der Abstand wurde gewahrt. Ein Mundschutz war nicht vorgeschrieben, da der Abstand ständig beachtet wurde.

 

Nach einmonatiger Pause öffnet der Club wieder seine Türen für eine eingeschränkte Anzahl für Besucher. Inwiefern und ob es nach dem zweiten Lockdown wieder Konzerte und Partys gibt? Wir hoffen, Euch bald wieder besuchen zu können!

Black Swarm Stream - 7 Jahre Black Swarm, Bunker Strasse E - Dresden, 18. Juli 2020

Black Swarm Stream, Bunker Strasse E - Dresden, 18. Juli 2020 / Foto: Darkiness
Black Swarm Stream, Bunker Strasse E - Dresden, 18. Juli 2020 / Foto: Darkiness

Nach einigen gut inszenierten Livestreams, feierte die Black Swarm Crew am 18. Juli ihr 7-jähriges Bestehen im „Bunker“. Mit kleinem Eintritt und einer Vorabanmeldung per Mail durften 100 Gäste in der Halle mit dabei sein, am Eingang wurden Adressdaten und Anmeldungen abgeglichen. Die Veranstaltung wurde für Daheimbleiber ebenfalls gestreamt.

 

Der Bunker hatte die Bühne für den Livestream mit feinstem akustischem Equipment ausgestattet. Das DJ-Pult war förmlich mit Lautsprechern und Subwoofern eingerahmt.

 

Ungefähr bis zu der Mitte der Halle war der Bereich für die DJs abgesperrt. Auf der anderen Seite befanden sich die Theke und einige gemütliche Sofa-Sitzgelegenheiten. Auf etlichen Flyern wurde man immer wieder auf das Abstandhalten und dem Verbot der Gruppenbildung hingewiesen. An der Theke gab es eine Einbahnstraße, die einen Stau verhindern sollte. 

 

Musikalisch beschallten uns die Black Swarm Stamm-DJs „DJ Spectrum Line“, „DJ Black Boys“ & „DJ Crocks“ mit einer ausgewogenen Mischung aus Future Pop und vielleicht etwa 50 Prozent Depeche Mode. Die Getränkepreise waren moderat und mehr als in Ordnung, auch hier galt es die Restbestände zu vernichten. Das schöne und warme Wetter lockte die meisten Gäste allerdings in den Außenbereich. Viele Besucher wollten sich einfach mal wieder miteinander unterhalten. Daher bot die Halle angemessenen Abstand, so dass auch mit genügend Distanz ein wenig getanzt werden konnte.

 

Offensichtlich wurde diese erste „Party mit Publikum“ gut angenommen. Nun ist zu hoffen, dass sie nach dem zweiten Lockdown wieder aufleben. 

Black Summer Lounge, Expo-Plaza - Hannover, 10. Juli, 8. August und 11./12. September 2020

Black Summer Lounge Part 1 am 10. Juli:

Black Summer Lounge Part 1, Hannover, 10. Juli 2020 / Foto: Darkiness
Black Summer Lounge Part 1, Hannover, 10. Juli 2020 / Foto: Darkiness

Deutlich größer hatten die Gastgeber der Subkultur - Hannover und der Depeche Party Hannover diese Veranstaltung auf dem Expo-Gelände in Laatzen angelegt. Zum ersten offiziellen Treffen der “Sub-Familie” durften insgesamt 250 Gäste geladen werden. Die neuen Lockerungen ließen diese Gästezahl unter strengen Auflagen zu. Zunächst konnte man im Vorfeld ein Ticket für einen Platz an einem Gruppentisch erwerben. Innerhalb von nur wenigen Tagen war die Veranstaltung ausverkauft. Zu groß war die Sehnsucht nach einem gegenseitigen Wiedersehen auf dieser Party.

 

Die Gäste durften nur als Gruppe zusammen zum Einlass und dann an ihre fest gebuchten Tische gehen und auch hier galt, dass man den Abend lang diese Tischgruppe nicht verlassen durften. Kontakt mit anderen Gästen aus anderen Tischgruppen war nur mit Abstand und Alltagsmaske erlaubt.

 

Es wurde am Tisch bedient, die Bedienungen waren sehr flott. Es war schon klar, dass diese Veranstaltung andere Maßstäbe hatte. Die Preise für die Getränke waren recht hoch. Kein Wunder, die Maßnahmen erfordern ja doch einen enormen zusätzlichen Aufwand.

 

Für diesen Abend sorgten die legendären hannoverschen Stamm-DJs DJ Lo-Renz und Kai Hawaii für den musikalischen Rahmen. Es war recht schwierig dabei ruhig sitzen zu bleiben, denn es durfte nicht getanzt werden. Die Security achtete dabei genau auf die Einhaltung der Maßnahmen.

 

Etwas verwunderlich war, dass die Veranstalter Dixie-Klos aufgestellt hatten. Die Toiletten wurden jedoch von einer sehr netten Dame betreut und ständig gesäubert. Zudem besprühte sie die Hände jeden Gastes sowohl vor als auch nach jedem Toilettengang mit Desinfektionsmittel.

 

Insgesamt war es ein gelungener Abend, begleitet aber von dem Gefühl, alle Maßnahmen beachten zu müssen, denn Verstöße könnten nachfolgende Veranstaltungen gefährden.

Black Summer Lounge Part 2 - 8. August

Black Summer Lounge Part 2, Hannover,  8. August 2020 / Foto: Darkiness
Black Summer Lounge Part 2, Hannover, 8. August 2020 / Foto: Darkiness

Nach dem ersten großen Erfolg und dem vorbildlichen Verhalten der Gäste sollte schon bald die Folge-Party steigen. Durch weitere Lockerungen der Corona-Maßnahmen konnten diesmal 500 Gäste zu dieser Veranstaltung zugelassen werden. 

 

Ähnlich wie beim Part 1 wurden auch hier Tickets für festgelegte Plätze im Vorfeld verkauft. Es dauerte diesmal etwas länger, bedingt durch die Aufstockung der Gästezahl, aber auch diese Party war schnell ausverkauft. 

 

Die Party war ähnlich wie beim letzten Mal aufgebaut. Unter Sonnenschirmen und Bäumen waren etliche Tische und Bänke aufgestellt. Bei 36 Grad Celsius brachten uns an diesem heißen Tag die DJs DJ Alexx Botox, DJ Lo-Renz und DJ René nicht nur wegen des Wetters ordentlich ins Schwitzen. Auch hier war die Security präsent, die auf das Abstand-Halten und vor allem dem Tanzverbot achtete. Das Publikum beachtete dies recht ordentlich, obwohl es schwer fiel, den DJs ihre hervorragenden Sets nicht einmal mit einem klitzekleinen Tanz würdigen zu dürfen. 

Black Summer Lounge Part 3 - Das Finale 12. September

Black Summer Lounge Part 3, Hannover,  12.. September 2020 / Foto: Darkiness
Black Summer Lounge Part 3, Hannover, 12.. September 2020 / Foto: Darkiness

Natürlich hat sich die Sub-Familie vorbildhaft verhalten, so dass die Black Summer Lounge am 11. und 12. September diese Partyreihe in diesem Sommer mit einem Doppelevent beendete. Am Eingang gab es für jeden Gast Maßbänder, damit auch der Abstand ordnungsgemäß eingehalten werden konnte. Etwa neun DJs stellten an diesen zwei Tagen ihr Können zur Schau!

 

Wie auch bei den anderen beiden Terminen hockten die Liebhaber der Dunklen Musik an Biertischen und waren sehr bedacht, alle Maßnahmen korrekt einzuhalten. Für Speis und Trank war gut gesorgt und die Bedienung war aufmerksam und flott.

 

Es war insgesamt ein gelungener Abend, die diese unter besonderen Bedingungen stehende Partyreihe würdig beendete!

Black Summer Lounge Part 1, Hannover, 10. Juli 2020 / Foto: Darkiness
Black Summer Lounge Part 1, Hannover, 10. Juli 2020 / Foto: Darkiness

Auch in anderen Städten versuchten sich die Veranstalter an  neuen Formen der Darbietung unter Corona-Bedingungen. So  wurden einige Konzerte, wie von Covenant, Empathy Test, Rotersand, Frozen Plasma und etliche mehr, in Gelsenkirchen im Zirkuszelt (Konzertreihe im Revier) gespielt. Oder es fanden Konzerte in Strandkörben statt, wie das VNV Nation Konzert in Mönchengladbach. Einige Clubs öffneten die Türen und ließen die Gäste in Biergärten feiern, wie bei der Transmission Party im Silver Wings am Tempelhofer Feld in Berlin. Andere feiern an einem unbekannten Ort, mit begrenzter Anzahl und persönlicher Einladung. Es wurde aber weiterhin zaghaft geplant, so spielten am 3. Oktober Solar Fake im Expo-Biergarten in Hannover. Am 24. Oktober wurde aus dem verschobenen Schwarzen Sommernachtstraum die Gothic Halloween Party am Lindener Turm in Hannover.

 

Egal welche Ideen sie entwickelten, es war leider immer begleitet von einem faden Beigeschmack. Das unbeschwerte Gefühl und das enge Beisammensein fehlen der kontaktfreudigen Szene. Dabei kämpfen die Clubbetreiber, Bands und Veranstalter nach wie vor einen harten Überlebenskampf, denn sie wurden bei den staatlichen Finanzhilfen bisher nicht oder kaum bedacht. Bürokratische Hürden beim Antrag der Förderung ersticken viele Anstrengungen im Keim. Die großen Bemühungen dienen lediglich dazu, mit Idealismus und Leidenschaft unseren großen Konzert- und Party-Hunger kurz zu stillen und die Szene am Leben zu halten. 

 

Auch die ab November gültigen neuen Einschränkungen sind ein weiterer Nackenschlag. Bei den fehlenden Einnahmen werden einige Veranstalter und Clubs diesen Kampf nicht überstehen. Und ob neue Läden die verschwundene Kultur wieder ersetzen, ist zweifelhaft. Denn vielen Szenemachern fehlt inzwischen das Geld, manche brauchen neue Jobs, um über die Runden zu kommen.

 

Wir Szenegänger sollten deshalb die „neuen Veranstaltungen“ unterstützen und damit ein klares Signal geben: ohne die Clubs, Künstler und Veranstalter geht es uns schlecht, und ohne uns geht es den Clubs, Künstler und Veranstalter schlecht. 

 

Deshalb für euch Liebhaber der Dunklen Szene: Unterstützt Eure Clubs, Bands und Veranstalter, wo und wie Ihr nur könnt! Wir hoffen, dass alles ein gutes Ende nimmt!

 

Die Gruftboten möchten auch die Clubs, Veranstalter und Künstler ermutigen: Wir sind noch da und unterstützen Euch mit aller Kraft, damit alles irgendwann wieder gut wird!